Eine Kritik von Jan Müller
Filmdaten | |
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Deutscher Titel | Devil’s Pass |
Originaltitel | Devil’s Pass |
Produktionsland | UK, RUS |
Originalsprache | Englisch, Russisch |
Erscheinungsjahr | 2013 |
Länge | 96 Min. |
Altersfreigabe | FSK 16 |
Stab | |
Regie | Renny Harlin |
Drehbuch | Vikram Weet |
Produktion | Alexander Rodnyansky Sergei Bespalov Sergey Melkumov Renny Harlin Kia Jam |
Musik | Yuri Poteyenko |
Kamera | Denis Alarcon Ramirez |
Schnitt | Steven Mirkovich |
Besetzung | |
Holly Goss: Holly King, Co Direktor Matt Stokoe: Jensen Day, Co-Direktor und Verschwörungstheoretiker Luke Albright: J. P. Hauser, Jr., Kletterexperte Ryan Hawley: Andy Thatcher, Kletterexperte Gemma Atkinson: Denise Evers, Toningenieur Richard Reid: Sgt. Smirnov, russischer Soldat Nikolay Butenin: Sergei Nelly Nielsen: Alya, 73 Jahre alt Valeriya Fedorovich: Alya, 20 Jahre alt |
Dem wahren Horror-Unfall einer tödlich verunglückten Wandergruppe gebührt hier keine Ehre: Der Found-Footage Film im Billig-Look von „Cliffhanger“-Regisseur Renny Harlin zeugt von verschwendetem Potential und lässt selbst seine Standart-Horror-Werke wie filmische Meilensteine aussehen.
Russland im Jahr 1959: Das Unglück am Dyatlov Pass. Im verschneiten Uralgebirge am Berg des Cholat Sjachl verunglückten in der damaligen Sowjetunion neun Wanderer tödlich. Bis heute unaufgeklärt, lautete die damalige Sachlage: Die Bergsteiger wurden von einer „höheren, nicht identifizierbaren Macht“ überwältigt. Gefunden wurden Wochen später neben einem verschneiten Zelt die unterkühlten, quer-verstreuten Leichen, jedoch keine Hinweise auf potentielle Täter bzw. Erklärungsmöglichkeiten. Jetzt begeben sich fünf Studenten für einen Dokumentar-Film zum geheimnisvollen Pass, in der Hoffnung, den wahren Ursachen für den Tod der neun verunglückten Wanderer auf den Grund zu gehen…
Ein tragisches, mysteriöses und unheimliches Ereignis, welches bis zum heutigen Tage üppigen Verschwörungstheorien und abstrakten Interpretationsmöglichkeiten eine Vorlage bietet. Auf den Punkt gebracht: Das seltsame Unglück fesselt und lässt viele Personen (vor allem unsere Protagonistin) bis heute nicht los. Somit bietet das bedauerliche Schicksal der neun tödlich verunglückten Wanderer eine Grundlage für eine filmische Adaptation, hinter der sich unglaublich viel Potential verbirgt. Dass der versierte Filmemacher vor „Devil’s Pass“ noch keinen Versuch gewagt hat, diesen Fall zu verfilmen, ist in der Tat verwunderlich. Doch ob das ganze nun in Form eines klassischen Horrorfilms oder einer tatsächlichen, nacherzählenden, auf den Fakten des Unfalles beruhenden Umsetzung stattfände, sei erst einmal dahingestellt. Umso trauriger ist das Ergebnis, welches schlussendlich bei der ganzen Sache herauskam: Denn in diesem Fall handelt es sich um einen einfach produzierten, als Direct-To-DVD vermarkteten Found-Footage-Film, was wohl zunächst gar nicht mal uninteressant erscheint. Beachtet man jedoch die seltsam anmutende Tatsache, dass der Regisseur des Filmes, eine tatsächliche, dokumentarfilm-ähnliche Verfilmung dieses Mysteriums anpeilte, diese größtenteils entsprechend umsetzen konnte, das Projekt jedoch kurzfristig hinwarf, um in kürzester Zeit einen billig produzierten Horrorfilm zu kreieren, so fragt sich der enttäuschte Anhänger einer potentiellen, bodenständigen Verfilmung des Falles: Weshalb das Ganze? Und es kommt noch schlimmer: Im Vordergrund von „Devil’s Pass“ steht nicht die ursprünglich verschwundene Wander-Truppe, sondern ein 5-köpfiges, russisches Studententeam, welches, zwei Generationen später, dem Geheimnis des Passes auf die Spur kommen will. Doch ist der Mann hinter der Kamera in diesem Fall kein unbeschriebenes Blatt: Renny Harlin, der Regisseur, der sich bereits in den 90ern einen Namen mit Action-Krachern wie „Cliffhanger“ und „Stirb Langsam 2“ gemacht hat (und wohl eine Affinität zu kalten Schneelandschaften hat).
…Spärlich bekleidete Leichen. Keine Fußspuren. Anzeichen radioaktiver Verstrahlung. Sichtungen seltsamer, leuchtender Objekte am Himmel. Ein Unfall? Mord? Eine übersinnliche Macht? Gar ein Yeti? Außerirdische Eindringlinge? das russische Militär? Mit genau diesen Fragen beschäftigt sich „Devil’s Pass“. Nun, leider sehr oberflächlich.
Harlin setzt uns eine Gruppe von fünf Personen vor, die oberflächlicher und farbloser nicht sein könnten. Neben Befragungen betroffener Personen und Angehöriger der näheren Umgebung des Passes, quält man sich als Zuseher eine gefühlte Stunde zusehends durch nervig-lockere Plaudereien, welche erfolgreich die Lust daran nehmen, mehr über dieses Mysterium zu erfahren. Albern und oftmals unfreiwillig komisch wirken die Dialoge und durch die fehlende Ernsthaftigkeit in der ersten Hälfte braucht „Devil’s Pass“ noch länger um in Fahrt zu kommen, als es viele Produktionen dieser Machart ohnehin schon tun. Semi-talentierte Darsteller als blasse Schablonen. Ist dies jedoch bei einem Found-Footage Film nicht zu erwarten? Nun, genau genommen fallen mir schauspielerisch kaum qualitativ hochwertige Filme in diesem Genre ein. Also durchaus. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass sie in diesem Fall einen erheblichen (negativen) Einfluss auf das gesamte Werk haben, schließlich findet in der gesamten ersten Hälfte des Filmes handlungstechnisch nicht viel statt, was wiederum nicht gerade zum guten Ruf des verschrienen und skeptisch betrachteten Found-Footage Genres beiträgt. Silhouetten von Figuren halten also einen ganzen Film zusammen. Klingt vielversprechend, nicht wahr? Ungefähr in der zweiten Hälfte des Filmes gelangen wir schließlich an einen Punkt, der immerhin ein wenig Spannung aufbauen kann. Nun beginnt die eigene Interpretation des Filmes bezüglich dessen, was damals wirklich geschah. Während der Verschwörungstheoretiker nun zufrieden bestätigt wird, fällt der faktenorientierte Skeptiker vermutlich aus allen Wolken (im negativen Sinne). Jedoch muss ich zugeben, dass mir das ganze Gehetze den Rest des Filmes einigermaßen erträglich gemacht hat. Auch wenn mir die anstrengenden Charaktere im späteren Verlauf der Handlung noch immer absolut gleichgültig waren, so war ich dennoch gewillt zu sehen, wie des Rätsels Lösung in diesem Werk denn nun aussieht (Spoiler): Schließlich den Pass erreicht, entdecken Protagonistin Holly und ein Mitglied der Expedition einen, in der näheren Umgebung lokalisierten, zugeschneit-versteckten Bunker, welcher nichts Gutes erahnen lässt. Holly, welche aufgrund von zunehmender Skepsis, Nervosität und Paranoia seitens ihrer Teammitglieder, den Abbruch des Film-Projektes fürchtet, hält die gravierende Entdeckung zunächst für sich. Von einer vermeintlichen Lawine aus dem Schlaf gerissen, verendet ein Mitglied der Gruppe am nächsten Morgen schließlich tödlich. Als sich aus der Ferne zwei Personen ankündigen und dem Team scheinbare Unterstützung zurufen, flieht die Gruppe blitzartig in den Bunker, nachdem die beiden Männer ihre wahren Absichten preisgeben: Zwei russische Soldaten mit dem Ziel, die Studenten auszuschalten. Doch das nächste Problem ist schon in Sicht: Aufgrund der beiden Männer, verschließen die Studenten den scheinbar einzigen Ausgang aus dem beklemmenden Unterschlupf. Und langsam wird ihnen die Tatsache bewusst, dass sie sich in einem russischen Militär-Bunker verfangen haben, welcher auf wissenschaftliche Experimente mit Menschen aus ist. Unzählige, vermoderte Leichen verdeutlichen dies. Leider wird dieser halbwegs anschauliche Aspekt des Filmes blitzartig, auf unanschaubar-peinliche Weise wieder zunichte gemacht, sobald der Film zum Ende hin die ersten Computereffekte auspackt: Absolut billig, unübersichtlich und kaum erfassbar. TV-Niveau lässt grüßen. Denn unsere Protagonisten werden plötzlich von bizarren Mutanten attackiert. Nur Holly und ein weiteres Teammitglied können sich in letzter Sekunde in einen dunklen Gang retten. Dort werden sie Zeuge des scheinbar Unmöglichen: Ein wurmloch-ähnliches, schimmerndes Tor versperrt ihnen den Weg. Letztendlich bleiben den beiden zwei Möglichkeiten: In der klaustrophobisch-düsteren Höhle verhungern oder sich durch das Portal – in die Ungewissheit des eigenen Schicksals begeben… Wir befinden uns schließlich im Jahr 1959: Die scheinbar durch die Zeit katapultierten Leichen der beiden Studenten werden von einem sowjetischen Soldaten in den Bunker geschleppt…
Der denkwürdigen Horror-Katastrophe im Schnee-Pass auf diese Weise einen filmischen Anstrich zu verpassen, ist fragwürdig und traurig. Und selbst ungeachtet dessen, was uns die Fakten und Hintergründe des Filmes aufzeigen, klingt die Ausgangssituation dieses Werkes im Schneegebirge wahrlich nicht langweilig: Seit jeher ist der Winter in der Geschichte der Kunst ein häufiger Ausdruck von Trauer und Trostlosigkeit, oftmals jedoch auch eine Ode an die Harmonie. Doch hat sich die kalte Jahreszeit im Laufe der Zeit, nicht zu Unrecht, als metaphorisches Sinnbild für Angst und Schrecken, erfolgreich in das Milieu des Horrorfilms etabliert. Kult-Schocker wie die drei „The Thing“- Verfilmungen oder das intensiv-bedrückende Horrordrama „So finster die Nacht“ nutzen allesamt die Atmosphäre der frostigen Winterlandschaft als filmisches Stilmittel und Abbild für den Tod. Auch Stephen King greift in seinen Werken immer wieder auf verschneit-gefährliche Handlungsorte als Setting und Ausgangspunkt seiner Horrormärchen zurück („Shining“, „Misery“, „Dreamcatcher“). Doch unterscheidet sich „Devil’s Pass“ in einem ausschlaggebenden Punkt von den genannten Werken: Während es den schaurig-weißen Szenenbildern in jenen Kultfilmen gelingt, sich als mitverantwortliches Element für die erdrückend-beklemmende Stimmung zu integrieren, können sich die optisch ausdrucksintensiven Bilder des Urals in „Devil’s Pass“ gegen die schlecht geschriebenen Charaktere und Dialoge einfach nicht behaupten, wodurch dem Film der Aufbau einer eindrücklichen Atmosphäre gar nicht erst gelingt.
Unterdurchschnittlich, selbst für Found-Footage-Verhältnisse. Künstlich-blasse Schablonen von Figuren in einer kaum existenten Handlung. Wenn auch zum Ende hin einigermaßen erträglich, muss man sagen: So gut eine Verfilmung über diesen Fall auch hätte ausfallen können, an den Gruselfaktor des tatsächlichen Falles aus den 50ern heranzureichen, ist praktisch unmöglich.
Ein Gedanke zu „Devil’s Pass“