China Blue bei Tag und Nacht

Eine Kritik von Taxi Driver

Filmdaten
Deutscher Titel China Blue bei Tag und Nacht
Originaltitel China Blue
Produktionsland USA
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 1984
Länge 103
Altersfreigabe FSK 18
Stab
Regie Ken Russell
Drehbuch Barry Sandler
Produktion Barry Sandler
Musik Rick Wakeman
Kamera Dick Bush
Schnitt Brian Tagg
Besetzung
  • Kathleen Turner Joanna Crane
  • Anthony Perkins: Reverend Peter Shayne
  • John Laughlin: Bobby Grady
  • Annie Potts: Amy Grady
  • Bruce Davison: Donny Hopper
  • Stephen Lee: Jerry

Der Film beginnt, und man ist sofort mittendrin in diesem klassischen Filmsetting eines achtziger-Jahre US-Streifens. Diese mittelgroßen bis großen Hollywoodproduktionen der achtziger Jahre haben einen ganz eigenen Charme. Die Kamera, die Bildsprache, auch die deutsche Synchronisation, man merkt direkt: hier hat man ein Qualitätsprodukt vorliegen.

Wie ich ja schon öfters geschrieben habe, ist mir bei einem Film die Kamera und die Ausstattung mindestens genauso wichtig, wenn nicht wichtiger als die Handlung selbst. Der Film muss mich in eine Stimmung hineinziehen, die mich fesselt. Und genau das schafft dieser hier.

Um was geht es also?

Joanna Crane ist in ihrem Tagesjob eine erfolgreiche Modedesignerin. Nachts jedoch ist sie China Blue, die unnahbare Prostituierte. Ihre Spezialität sind Verkleidungen. So zum Beispiel als Miss Liberty, Cinderella, Kleopatra, Eva Braun, Miss Piggy oder Schneewittchen.

Ihr Arbeitgeber hat den Verdacht, dass sie für die Konkurrenz arbeitet und Betriebsgeheimnisse verrät. Daher beauftragt er den Privatdetektiven Bobby Grady um sie beschatten zu lassen. Dieser macht den Job als Privatdetektiv eigentlich nur, da er knapp bei Kasse ist und seine Frau und zwei Kinder durchfüttern muss, beziehungsweise ihre Extravaganzen wie eine Sauna im Garten bezahlen muss. 

Währenddessen hat es der durchgeknallte Reverend Shayne anscheinend auf China Blue abgesehen. Erstellt ihr nach, lässt sie nicht in Ruhe und belästigt sie permanent. Im Streit wirft sie ihn aus ihrem Apartment. 

Unterdessen ist Bobbys Ehe am Ende. Er streitet sich mit seiner Frau nur noch, sie haben keinen Sex mehr, nichts scheint mir zusammen zu passen. Dies führt dazu, dass während er China Blue als Privatdetektiv beschatten soll, er eine sexuelle Beziehung mit ihr anfängt. Zuerst als Kunde, dann als Liebhaber.

Er sucht Joanna in ihrer privaten Wohnung, nicht im Dienst Apartment auf, und sagt dass er sie wieder sehen möchte. Sie weist ihn ab. 

Plötzlich taucht der verrückte Reverend bei Joanna spät abends am Arbeitsplatz ihres Tagesjobs auf, als sie noch alleine in der Firma ist. Anthony Perkins packt hier sein komplettes schauspielerisches Talent auf die Leinwand und versucht Joanna in eine Beziehung mit ihm zu drängen. Doch sie weist ihn zurück. Immer wieder beobachtet er sie heimlich durch ein Guckloch wie sie ihre Kunden in der Dienstwohnung empfängt. Er scheint Sie fast kultisch zu verehren, sammelt Fotos und Devotionalien von Ihr.  

Nachdem sich Bobbys Frau von ihm getrennt hat und er ausziehen musste, lässt es sich auf eine Beziehung mit Joanna ein und verliebt sich in sie. Seine Frau jedoch merkt sehr schnell was sie an ihm verloren hat und versucht ihn zurückzugewinnen. Als Sie Ihn zu einem Abendessen einlädt gibt es Streit mit Joanna. Ohne großes Drumherum schafft ist der Regisseur hier den Konflikt zuzuspitzen und stellt Bobby mittig vor zwei Fronten zwischen denen er sich entscheiden muss. Zurück in die Ehe oder weiter mit China?

Während Bobby bei der Mutter seiner Kinder zum Abendessen ist, dringt der verrückte Reverend in die Wohnung von Joanna ein. Durch eine exzellente Kameraarbeit schafft es der Film hier massiv Stimmung aufzubauen. Der psychisch total verdrehte Priester hat eine Tasche voll mit Folter- und Mordwerkzeugen dabei, unter anderem einen Vibrator mit dem man Menschen erstechen kann. Bobby kommt, nachdem er sich mit seiner Frau endgültig zerstritten hat,  zurück in die Wohnung von Joanna. Dort hört er Schreie aus der Wohnung, was Ihn dazu veranlasst die Tür einzutreten. In dem verwüsteten Zimmer hat sich der Priester unterdessen als China verkleidet und Sie derweil in den Schrank eingesperrt. In einem dramatischen Moment kann sie sich befreien, springt heraus und ersticht den Priester mit seinem eigenen Vibrator. Metaphorisch kann man sagen dass Joanna damit wohl auch ihr Alter Ego China Blue getötet, als das sich der Priester hier verkleidet hat, und sich aus der Prostitution verabschieden wird um mit Bobby zusammen zu bleiben.

Am Ende des Films sieht man Bobby einer Selbsthilfegruppe für Beziehungsstörungen, die er schon zu Anfang des Films besucht hat und er erzählt wie es sich von seiner Frau getrennt hat und eine neue Liebe gefunden hat.

Er ist „nicht sicher, ob es funktionieren wird, [sie] haben nicht allzu viele Gemeinsamkeiten, abgesehen davon, dass [sie] beide Hilfe benötigen. [Sie] brauchen [sich] gegenseitig“. Der Film endet mit Gradys Worten: „Und dann haben wir gevögelt, bis wir ohnmächtig wurden“.

Ja, was ist davon zu halten?

Der Film besticht eindeutig durch seine Klarheit und die Stringenz der Handlung. Keine versteckten Andeutungen kein herumgeschwurbel, einfach straight geradeaus erzählt.

Auch die Erotikszenen sind durchgehend ansprechend gemacht und frei von plumpem rumgerammel. Rick Wakemans immer sehr passende Musikuntermalung, stützt den kompletten Film perfekt.

Hervorzuheben ist auf jeden Fall die Rolle von Anthony Perkins, der hier den psychopathische Reverend Shayne spielt und unbedingt die Seele von China Blue retten will. Schon dieses apathische Gesicht das man von Ihm aus Psycho kennt kommt hier diesmal in Farbe zu voller Geltung. Man kauft Ihm den total abgedrehten Typen einfach sofort ab. 

Auch gefällt, dass der Film den Prostitutionsgewerbe gegenüber nicht wertend sondern rein beobachtend Auftritt. Sehr ungewöhnlich für eine amerikanische Produktion. Normalerweise wird dort dieser Berufsstand immer ins lächerliche gezogen, gedemütigt, immer wieder kritisiert, moralisiert und verachtet. Ken Russell jedoch schafft es mit seinem Film eine interessante Geschichte zu erzählen, voller Liebe und Zuneigung, voller auf’s und ab’s, aber auch mit einer Portion Gesellschaftskritik. 

Es wird die ganze Bandbreite der Kundschaft des Prostitutionsgewerbes vorgestellt: der verheiratete Ehemann, der Mann dessen Frau keinen Sex mehr mit ihm will, der sadistisch veranlagte Masochist, der Biedermann von neben an, und so weiter.

Nein, mir hat dieser Film wirklich exzellent gefallen. Hier passt alles zusammen: super Schauspieler, eine exzellente Handlung, ein wunderbares achtziger Jahre Hollywood-Setting, klasse Musik, und so weiter.

Eine eindeutige Sehempfehlung!

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